Der Kampf ums Wasser beginnt – jetzt!

Stefan Bauer bangt Jahr für Jahr um seine Ernte. Bild: privat

Bio-Äpfel so weit das Auge reicht. Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Pflaumen aus der fränkischen Schweiz, die als erstklassiges Tafelobst regional vermarktet werden. Und ein junger passionierter Landwirt, der den Traditionsbetrieb von den Großeltern übernommen und ausgebaut hat. Das alles klingt nach einem stimmigen Konzept. Doch Biokreis-Bauer Stefan Bauer aus Oberrüsselbach in Oberfranken wird Jahr für Jahr verzweifelter. Trockenheit und Spätfrost zerstören seit einiger Zeit sein Idyll – und auch seine Ernte. „Fünf Jahre Arbeit, zwei Ernten – wie soll man das überstehen?“, fragt er.

 
Auf zehn Hektar Fläche hat er seine Bäume gepflanzt. Das Problem: Durch die zunehmend höheren Temperaturen legen sie mit der Vegetation früher los „und bekommen dann eins übergebraten“, wie er sagt. Spätfrost kannte man in den Hanglagen und Hochebenen der fränkischen Schweiz bisher kaum. 2017 hat er auf 520 Höhenmetern 50 Prozent von Stefan Bauers Ernte vernichtet. 
Doch das ist nicht alles. 2018, 2019 und 2020 hatte Franken mit extremer Trockenheit zu kämpfen. Die Niederschlagsmenge sei zwar insgesamt nicht weniger gewesen als sonst, aber habe sich anders verteilt. Das heißt: viel Wasser auf einmal und dann lange Zeit Dürre. 90 Prozent habe der Ernteausfall im vergangenen Jahr betragen, heuer liege man immerhin bei „nur“ 50 Prozent Schaden.
Und dann gibt es mit dem Niederschlag noch ein weiteres Problem. Wenn sich am Himmel etwas zusammenbraut, wird der Blick in die Wolken bei Stefan Bauer und seiner Familie immer besorgter. Denn auch der häufige Hagel stellt eine Bedrohung für seine Früchte dar.

„Ich als Landwirt muss den Klimawandel ausbaden!“

Der Klimawandel ist Schuld an der Misere – das ist für Stefan Bauer klar. „Ich achte auf Artenvielfalt, lasse Blühstreifen stehen … Ich habe den Klimawandel nicht verursacht!“, sagt er wütend. „Die Kohlekraftwerke laufen weiter, die Menschen müssen ihre Kinder unbedingt mit dem SUV von der Schule abholen, aber ich als Landwirt muss den Klimawandel ausbaden!“ Realisierbare Lösungen sieht er derzeit nicht für seinen Erwerbsobstbau. Eine Frostschutzberegnung würde zwar gegen den Spätfrost helfen, aber dafür brauche es enorme Wassermengen. Dafür bekomme er keine Genehmigung. Er spricht von einem „Verteilungskampf ums Wasser“. Dass die Autos gewaschen werden, sei allgemein anerkannt, dass Bäume bewässert werden, nicht. Eine Alternative seien Frostschutzkerzen, aber der hohe finanzielle Aufwand komme durch den Verkauf der Ware nicht herein. Für ihn bleibt als einzige Lösung, sein Einkommen zu diversifizieren. Er denkt über Geflügelhaltung im Obstbau nach, aber auch das sei schwierig, da der Obstbau so zeit- und arbeitsintensiv sei.


Stefan Bauer fordert die Erarbeitung eines Wasserkonzepts, für das alle Beteiligten aus Politik, Umweltschutz und Landwirtschaft an einen Tisch müssen. „Und gegen den Klimawandel braucht es eine politische Notbremse, dass es nur so wackelt. Leider sehe ich da in der Bevölkerung wenig Bereitschaft“, sagt er.


„Gegen den Klimawandel braucht es eine politische Notbremse.“


„Nicht nur Nüsse, sondern ganze Bäume sind abgestorben!“

Auch Fritz Stiegler und seine Familie haben einen Kampf gegen Spätfrost und Trockenheit hinter sich. Ob sie ihn gewinnen werden, ist noch unklar, aber sie sind zuversichtlich. Zum Betrieb gehören 50 Hektar Ackerland und Wiesen, 1400 Hühner, 30 Pensionspferde und seit 2006 auf neun Hektar der Anbau von Haselnüssen. Das ging gut bis zum Jahr 2015, dem ersten Trockenjahr im fränkischen Gonnersdorf. Seitdem zieht sich die Problematik durch. Doch Fritz Stiegler hat auch Glück: Seit den 1960er-Jahren hat er ein Beregnungsrecht. Daher war es bereits vor 25 Jahren möglich, zusammen mit drei Kollegen vier Becken mit einem Fassungsvermögen von 20.000 Kubikmetern zu bauen. Bei Regen füllen sich diese, über Rohre wird das Wasser bei Trockenheit zu den Pflanzen geleitet. Doch 2020 ging trotzdem die komplette Haselnuss-Ernte durch Fröste verloren. „An den Rändern sind nicht nur die Nüsse erfroren, sondern ganze Bäume abgestorben“, schildert Fritz Stiegler die Extreme. Im Herbst baute er daher zusätzlich ein eigenes Folienbecken für 15.000 Kubikmeter Wasser und installierte eine Frostberegnungsanlage. Insgesamt rund 120.000 Euro wurden dafür investiert, 25 Prozent davon bezuschusst.


Erfahrungen damit muss er erst noch machen. Bisher wurde mit Tröpfchenschläuchen beregnet, jetzt wird Wasser auf die komplette Bodenoberfläche aufgebracht, wo es gefriert und Energie freisetzt. Die Wärme steigt nach oben zu den Haselnusssträuchern und schützt sie davor, selbst zu gefrieren. Acht Mal kam die Frostberegnung dieses Jahr schon zum Einsatz. 30 Kubikmeter wurden pro Stunde auf den Hektar ausgebracht, insgesamt 300 Millimeter pro Hektar in diesem Jahr. „Wenn wir damit erfolgreich sind, wird sich die Investition bald auszahlen“, ist der Bio-Landwirt zuversichtlich.

„Wir stoßen an Grenzen!“

Sonderkulturen, die einen extrem hohen Arbeitseinsatz und hohe Anschaffungskosten erfordern, kann man nicht einfach eingehen lassen: Das bringt Theo Reinhardt aus Ergersheim in Mittelfranken klar zum Ausdruck. Dass es bei ihm daheim, direkt an der Grenze zum Weinbaugebiet, wenig regnet, war immer klar. Daher begann er 2018 auf zehn Hektar mit dem Anbau von Bio-Kräutern, die gut mit Trockenheit klar kommen und nachgefragt werden – zur Zeit versucht er es mit Brennnessel, Estragon, Oregano, Thymian, Anis, Salbei, griechischer Bergtee und anderem – die grau- und silberblättrigen Kräuter eignen sich am besten. „Es sollte uns nachdenklich machen, dass drei Jahre in Folge auch für diese Pflanzen das Wasser nicht mehr ausreichte“, sagt Theo Reinhardt. Grundwasser sei nicht vorrätig und dürfe auch nicht angezapft werden. Hinzu komme, dass sich der Boden in den vergangenen Jahren stärker als die Luft erwärmt habe. Dies führe zu einer veränderten Mikrobiologie, deren langfristige Auswirkungen keiner kenne. „Wir werden mit Beikräutern zurechtkommen müssen, mit denen wir keine Erfahrungen haben“, ist er sich sicher.


„Meine Hoffnung war, in einer Gegend mit extrem hohem Pachtpreisniveau auf wenig Fläche eine hohe Wertschöpfung zu erreichen“, sagt Theo Reinhardt. Um ein stabiles Ergebnis zu erreichen und dauerhaft Lieferverpflichtungen erfüllen zu können, gebe es nur noch eine Lösung: periodisch fließendes Wasser in einem Folienbecken zu speichern und es über Schläuche punktgenau und schonend an die Pflanzen zu bringen. Doch das ist kostenintensiv. Über das Programm „boden:ständig“ hat er eine Förderung für ein solches Vorhaben beantragt. Dabei zählt er auch auf Unterstützung durch die Gemeinde. Denn das Dorf wird bei Starkregen immer wieder mit Schlamm und somit einer Nährstofffracht überschwemmt, die den Äckern dann fehlt. Sein Plan ist, seine Fläche auch als Rückhaltebecken zur Verfügung zu stellen und das Wasser sowie den Schlamm vor Ort zu halten. Nun hofft er, dass die Verantwortlichen des Programms „boden:ständig“ und des Wasserwirtschaftsamts diese Gedanken aufnehmen und unterstützen. „Der Klimawandel, der sinkende Grundwasserstand, die Starkregen, das davonlaufende Wasser – für mich als praktischer Landwirt ist das eine Katastrophe. Ich habe das lange nicht gesehen, aber mit zunehmendem Alter wird mir immer klarer, an welche Grenzen wir stoßen.“