30 Prozent Bio-Fläche bis 2030 – das ist das Ziel Deutschlands. Dafür müssten die Umstellungsraten der vergangenen Jahre aber deutlich überboten werden. Laut BÖLW wurden Anfang 2022 etwa 1,78 Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftet. Das macht knapp 11 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland aus. Um das 30-Prozent-Ziel zu erreichen, brauchen wir aber etwa fünf Millionen Hektar Fläche. Manche unserer europäischen Nachbarländer sind beim Thema Ökolandwirtschaft schon deutlich weiter…
Österreich: rund 26 Prozent Bio-Fläche
Die Alpenrepublik verabschiedete bereits ab 2001 verschiedene Bio-Aktionsprogramme. Das österreichische Agrar-Umweltprogramm (ÖPUL) stellte beispielsweise von 2015 bis 2022 jährlich bis zu 200 Millionen Euro, das waren 40 Prozent der gesamten ÖPUL-Förderungen, Bio-Betrieben zur Verfügung. In den Berggebieten Österreichs gibt es besonders viele Bio-Betriebe; diese erhielten Ausgleichszulagen für benachteiligte Gebiete. Der Bio-Bonus brachte einen höheren Zuschuss und eine bessere Bewertung im Auswahlverfahren bei Förderungen der Investitionen, Verarbeitung und Vermarktung, Bildung, Information und Absatz. Forschung und das Schulwesen wurden unterstützt, Schwerpunktsetzungen in den Bereichen Marktanalysen, Information gewerblicher Verarbeitender und Vermarktender, Produktentwicklung, Qualitätssicherung sowie Markterschließung wirkten zusätzlich. Aktuelle österreichische Agrarstrukturerhebungen zeigen, dass die agrarpolitischen Maßnahmen deutliche Wirkung zeigen. Die Maßnahmen werden im Aktionsprogramm Biologische Landwirtschaft 2023+ fortgesetzt.
Estland: rund 22 Prozent Bio-Fläche
Stand 2020
Gleich nach Österreich punktet der baltische Staat mit einem Bio-Flächenanteil von 22 Prozent. Estland setzt stark auf staatliche Förderungen und bietet ebenfalls bereits seit 2000 ein breites Feld an jährlichen Subventionen für den Öko-Landbau. Der größte Unterschied zu Deutschland ist wohl das staatliche Kontrollsystem für die ökologische Landwirtschaft. Des Weiteren wird intensiv im Bereich der nachhaltigen Lebensmittelproduktion geforscht und seit vielen Jahren in die Weitergabe von Wissen, die Verbesserung des Ausbildungssystems sowie Entwicklungsprogramme investiert.
Schweden: rund 20 Prozent Bio-Fläche
Stand 2020
Die Außer-Haus-Verpflegung (AHV) spielt in Schweden eine große Rolle. Hier lag der Bio-Anteil in öffentlichen Einrichtungen bereits 2021 bei knapp 40 Prozent. Schwedens Strategie besteht zum einen aus Förderprogrammen von Öko-Waren in der Verpflegung und zum anderen in der Festlegung konkreter Ziele, die es von den Kommunen einzuhalten gilt. Die allgemeine hohe Bio-Nachfrage Schwedens ist dabei nicht auf die Pandemie zurückzuführen, da sie bereits viele Jahre davor stark etabliert war und schon 2020 einen Bio-Flächen-Anteil von mehr als 20 Prozent ermöglichte. Unterstützend wirken hierbei Schwedens Bio-Siegel, die ähnlich den Biokreis-Richtlinien mit ihren Vorgaben über die der EU-Öko-Verordnung hinausgehen und die Verbraucherschaft durch besonders hohe Qualität zur Nachfrage motivieren.
Schweiz: rund 17 Prozent Bio-Fläche
Stand 2020
2020 beeindruckte die Schweiz mit dem höchsten Pro-Kopf-Bio-Verbrauch – und zwar nicht nur europa- sondern weltweit. Mit einer erneuten Steigerung von knapp vier Prozent der Ausgaben für Bio-Lebensmittel toppte sie sich 2021 selbst.
In Bezug auf das Konsumverhalten ist dabei sehr auffällig, dass überproportional viel über die Direktvermarktung passiert. Diese Einkaufgewohnheiten können laut der Bio Suisse, dem Dachverband der biologischen Landwirtschaft in der Schweiz, allerdings auch als Pandemiefolge betrachtet werden. So bleibe der reguläre Einzelhandel trotzdem die wichtigste Absatzform. In Bezug auf die Fläche belegte die Schweiz bereits 2020 den europaweit vierten Platz mit knapp 17 Prozent.
Die Bio Suisse hat es sich außerdem zum Ziel gemacht, den Bio-Anteil in der Gemeinschaftsgastronomie in den kommenden Jahren zu steigern.
Dänemark: rund zwölf Prozent Bio-Fläche
Stand 2020
Die Dänen sind bekannt für ihren hohen Bio-Anteil in der Außer-Haus-Verpflegung und gelten hier als absolute Vorreiter. 2020 konnte mit knapp zwölf Prozent Bio-Fläche aufgewartet werden. Auch hier wird von starker, staatlicher Unterstützung in der Umstellung berichtet, wodurch die dänischen Betriebe der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung ihren Bio-Anteil in gut zehn Jahren mit großem Erfolg kontinuierlich auf teilweise mehr als 90 Prozent erhöhen konnten. Außerdem sei das Vertrauen in das dänische Bio-Label von Seiten der Verbraucherschaft sehr hoch, so die Leitung des dänischen Agrar- und Lebensmittelrats.
Können wir von den Erfolgsstrategien anderer lernen?
Ziel ist es, die Nachfrage zu steigern, denn nur wo diese stattfindet, kann Angebot entstehen und Verwendung finden. Betriebe der staatlichen Gemeinschaftsverpflegung können hier mit gutem Beispiel vorangehen und nicht nur große Nachfrage in der Erzeugung generieren, sondern auch Sichtbarkeit für die Verbraucherschaft durch die öffentliche Zugänglichkeit schaffen. Außerdem könnten mehr wirksame, staatliche Förderpakete geschnürt werden, die gezielt AHV-Umstellende und Bio-Landwirt:innen unterstützen. Die Direktvermarktung als Absatzweg darf außerdem nicht unterschätzt werden, und Fördermaßnahmen sollten auch diese gezielt unterstützen. Die Formulierung von konkreten und kleinschrittigen Zwischenzielen, deren Einhaltung auch verpflichtend ist, könnte ebenso ein effektiver Weg zur Erreichung der 30 Prozent Bio-Fläche sein.
Von Anna Birkl und Ronja Zöls-Biber
Quellen: Statista – das Statistikportal; www.bundeskanzleramt.gv.at, boelw.de, ein-herz-fuer-bio.org, Fruchtportal, nordisch.info, bio-suisse.ch, bioaktuell.ch, bauernzeitung.ch, bml.gv.at, gruenerbericht.at, biooekonomie.de, EkoConnect-Layout-Vorlage-FINAL-OS, experto.de, biopress.de