„Familie Hiermeier ist es gelungen, für ihren Bio-Betrieb ein stimmiges, individuelles Konzept zu entwickeln und ihn zukunftsfähig aufzustellen“, heißt es in der Begründung der Jury, die im vergangenen Jahr den Familienbetrieb Hiermeier als Preisträger des NABU-Projekts „Gemeinsam Boden gut machen“ ausgewählt hat. Mit dem Projekt werden landwirtschaftliche Betriebe unterstützt, die auf Ökolandbau umstellen möchten oder die Umstellung vor Kurzem abgeschlossen haben. Sie sollen auf dem ökologischen Weg bestärkt werden und erhalten eine Fördersumme zur Weiterentwicklung ihres Betriebs.
Das ausgezeichnete Betriebskonzept der Familie Hiermeier nutzt Vielfalt in jeder Hinsicht als Stärke: auf dem Acker, im Hofladen und im Umgang mit den natürlichen Ressourcen, die in ihrer Vielfalt erhalten und gefördert werden. Familie Hiermeier hat sich auf den Anbau von vielfältigen Sonderkulturen wie Kürbis, Hanf, Mohn, Sonnenblumen, Öl-Senf und Lein spezialisiert. Deren Sämereien werden auf dem Betrieb zu Öl und gebrannten Kernen veredelt und direkt vermarktet. (siehe dazu auch BioNachrichten Ausgabe 06 / Dezember 2022)
Die vielfältigen Kulturen auf dem Acker bieten nicht nur attraktive Angebote für den eigenen Hofladen, sondern schaffen auch echte Vielfalt auf dem Acker. Und die kommt Bienen und anderen Insekten zugute, die hier reichlich Nahrung finden.
„Uns ist die Kombination ganz wichtig: Wir wollen für unseren Hof die Wirtschaftlichkeit sichern, aber wir wollen zugleich etwas für die Biodiversität tun“
Auf diesen Feldern blüht es vom Frühling bis zum Spätherbst
„Wenn es blüht, dann summt und brummt es bei uns“, erzählt Niklas, Sohn des Betriebsleiters Markus. Seit Jahren legt der Betrieb Wert auf eine vielfältige Fruchtfolge mit Zwischenfrüchten, Leguminosen und Luzerne-Kleegrasmischungen. Nach und nach wurden immer neue Sonderkulturen in die Fruchtfolgen integriert. In den Reihenkulturen Sonnenblumen, Blaumohn und Ölkürbis werden Weißklee-Untersaaten eingebracht. Durch die Vielfalt der blühenden Kulturen finden Insekten das ganze Futterjahr hindurch Nahrung. Hier lockt sie nicht nur ein Blühstreifen am Feldrand; die Hauptkulturen selbst sind Nahrungsquelle für Fluginsekten.
Das Besondere: Betrieb und Natur profitieren gleichermaßen: „Uns ist die Kombination ganz wichtig: Wir wollen für unseren Hof die Wirtschaftlichkeit sichern, aber wir wollen zugleich etwas für die Biodiversität tun“, erzählt Betriebsleiter Markus Hiermeier. Das gelingt durch Produkte aus Ackerfrüchten, die nicht jeder Hofladen zu bieten hat. Angefangen beim Kürbis kamen nach und nach immer mehr unterschiedliche Kulturen dazu, die für Vielfalt im Hofladen und für abwechslungsreiche Ackerstrukturen sorgen. „Regionalität, Nachhaltigkeit und Ökologie gehen mit der Wirtschaftlichkeit des Betriebs einher. Wir bauen alles an, was bei uns möglich ist“, ergänzt Niklas.
"Regionalität, Nachhaltigkeit und Ökologie gehen mit der Wirtschaftlichkeit des Betriebs einher. Wir bauen alles an, was bei uns möglich ist."
Vielfalt macht widerstandsfähig
Die Auswahl der Früchte erfolgt nach Interesse, Anbauvoraussetzungen und Vermarktungschancen. Auch wenn nicht jeder Anbauversuch sofort klappt, ins Blaue hinein geht die Familie nicht vor. Bei jedem Schritt wird abgewogen: Wie fügt sich die Pflanze in einen gesunden Kreislauf ein? Was tut sie für den Boden? Welche Untersaaten könnten hilfreich sein? Und natürlich: Wie lässt sich das Erntegut in die Wertschöpfung des Betriebs integrieren?
Der Weißklee beispielsweise ist in vielfacher Hinsicht nützlich: Bei wenig dichten Beständen wie dem Blaumohn hilft der Weißklee als Untersaat dabei, die Beikräuter zu unterdrücken und den Boden im Frühjahr zu bedecken. Das ist in Zeiten zunehmender Frühjahrestrockenheit ein Vorteil, weil die Wasserverdunstung gebremst wird. Zugleich bringt der Klee Stickstoff in den Boden. Und wenn der Mohn im Juni heranreift, wenn der Weißklee besonders dicht wächst und mehr Wasser zieht, unterstützt er den Mohn beim Abreifen.
So hilft das Zusammenspiel verschiedener Pflanzen dabei, knappes Wasser effizient einzusetzen und knappe Ressourcen optimal zu nutzen. Fehlschläge durch unvorhergesehene Wetterereignisse bleiben in Zeiten des Klimawandels dennoch nicht aus. Dann helfen die vielen Variationen in der Fruchtfolge, denn sie geben Sicherheit durch Vielfalt: „Die eine schafft’s, die andere nicht“, meint Niklas. „Das gibt uns einen Puffer.“
Bodenpflege ist besonders wichtig
Die Vielfalt macht sich auch bei der Bodenpflege gut, denn einzelne Kulturen bringen Eigenschaften mit sich, die helfen können, den Boden fruchtbar zu halten. Markus schwärmt besonders für den Hanf, dessen tiefe Wurzeln den Boden aufschließen und auch schwere Verdichtungen auflösen können. Das Hanfstroh, das sie wieder mit dem Grubber einarbeiten, bringt zudem organische Masse in den Boden und befördert das Bodenleben. Auf den Pflug verzichten die Hiermeiers ganz, und wo immer organisches Material übrigbleibt, wird es dem Boden zurückgegeben. Zwischenfrüchte gehören selbstverständlich ebenfalls zum Konzept.
Für die offizielle Preisverleihung im Projekt „Gemeinsam Boden gut machen“ wird Familie Hiermeier im Juni nach Berlin reisen. Dort werden die Preisträger-Betriebe ausgezeichnet. Der Juni ist auch die Zeit, in der der Mohn auf den Feldern der Hiermeiers blüht und sich dort die Insekten tummeln. Was für schöne Aussichten!
Gemeinsam Boden gut machen – Die Bewerbungsphase für 2023 läuft!
Teilnehmen können Landwirt:innen aus Deutschland, die an einer Umstellung auf Ökolandbau interessiert sind, oder die Unterstützung benötigen, um ihre ökologisch bewirtschaftete Fläche zu vergrößern.
Voraussetzungen für eine Förderung:
- Der gesamte landwirtschaftliche Betrieb muss neu auf biologische Bewirtschaftung umgestellt werden. Eine Betriebserweiterung ist dann förderbar, wenn ein neuer, zusätzlicher Betriebszweig aufgebaut wird.
- Der Betrieb muss sich einem in Deutschland ansässigen Bio-Anbauverband anschließen.
- Mit Erhalt des Förderpreises muss der Betrieb mindestens fünf Jahre biologisch und als Mitglied eines deutschen Bio-Anbauverband wirtschaften.
- Über die Preisträger:innen und Fördersummen entscheidet ein unabhängiger Beirat. Es gibt Preisgelder zwischen 20.000 Euro und 60.000 Euro zu gewinnen.
Alle Informationen zur Bewerbung findet Ihr online unter diesem Link.
Für mehr Biolandbau: Gemeinsam Boden gut machen - NABU
Wenn Ihr Euch bewerben möchtet und Unterstützung braucht, wendet Euch an das Biokreis-Beratungsteam oder an die Biokreis-Geschäftsstelle Passau!