„Ich vermittle zwischen Landwirtschaft und Verbraucherschaft“

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Beziehungen zu Menschen – darin liegt bei der Biobäckerei Wagner der Ursprung für Regionalität und Fairness. Als Hans Peter Wagner 1982 sein erstes Bio-Brot herstellten wollte, musste der befreundete Landwirt Walter Dankesreiter erst einmal davon überzeugt werden, das Getreide dafür anzubauen. Dann stieg dessen Cousin Franz Dankesreiter ein und reinigte das Getreide. Und erfolgreich konnte das Ganze nur sein, indem man Beziehungen zur Kundschaft aufbaute, die das teurere Bio-Brot dann auch bereit war zu kaufen. Es gibt heute kaum noch Produkte, die Hans Peter Wagner nicht aus der Region bezieht. Mehl, Eier, Butter, Milch, Früchte, Mohn, Leinsamen, Speck, Kartoffeln … Die Versorgung erfolgt aus der unmittelbaren Umgebung. Was von weiter her kommt, wie Zucker, ist fairtrade-zertifiziert. „Wir sind den üblichen Schwankungen im Rohstoff-Sektor daher kaum ausgeliefert“, erklärt Hans Peter Wagner, „wir bezahlen die Landwirt:innen fair – und sie behandeln uns fair.“

 

Der Faktor Zwischenmenschlichkeit ist auch in der Personalentwicklung dominierend. 160 Mitarbeiter*innen zählt die Biobäckerei Wagner. Sie kommen aus zwölf Nationen, viele aus Rumänien oder Bulgarien. „Es erschreckt mich, wenn ich von ihnen höre, wie schlecht sie in anderen Unternehmen behandelt wurden“, erzählt Hans Peter Wagner. Er selbst bezahle nach Leistung und nicht nach Herkunft. Und er tut noch mehr: Zwei Mal die Woche findet im Seminarraum seines Hauses ein Deutschkurs der VHS statt, an dem derzeit zwölf Mitarbeiter kostenlos teilnehmen. „Wir verkaufen ein erklärungsbedürftiges Produkt, die Kundschaft fragt oftmals genau nach – da muss eine Verkaufskraft in gutem Deutsch antworten können.“ Mit Engagement können sich seine Mitarbeitenden hocharbeiten. So habe etwa ein rumänischer Angestellter in der Reinigung angefangen und sei heute stellvertretender Filialleiter.

„Wir bezahlen die Landwirt:innen fair – und sie behandeln uns fair.“

Hans Peter Wagner

Regional und fair zu wirtschaften habe nur einen Nachteil: Es sei viel teurer. Wenn Bio schon doppelt so teuer sei wie konventionell, verzehnfache sich der Preis beispielsweise beim Bezug von regionalen Kürbiskernen. Dieser Preisunterschied zeichne sich natürlich am Endprodukt ab und müsse der Kundschaft erklärt werden. „Ich sehe meine Aufgabe als Verarbeiter darin, zwischen Landwirtschaft und Verbraucherschaft zu vermitteln“, sagt Hans Peter Wagner. Damit er die Landwirt:innen fair bezahlen könne, müsse er auch dementsprechende Einnahmen haben. Wie die Ökolandwirtschaft arbeitet, was sie leistet und die Geschichten hinter den Produkten müssten deshalb der Kundschaft erzählt werden. Daher befindet sich das Team der Biobäckerei auch oft in Schulungen. „Unser Personal soll auf dem Bauernhof mit eigenen Augen sehen, wie die Heumilch erzeugt wird. Nur so können diese Geschichten an die Kundschaft weitergegeben werden.“

 

Von Ronja Zöls-Biber

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