Nach dem Stall in den Stall

"Unsere Stärke liegt darin, dass wir vielseitig aufgestellt sind und alles selbst machen."

Jens Menn geht über die Weide – und seine Angusrinder laufen in einer Reihe hinter ihm her. Er bleibt stehen und streichelt ein paar von ihnen. Jedes einzelne seiner 80 Tiere kennt er. 55 Hektar bewirtschaftet Jens Menn gemeinsam mit seiner Familie in Hilchenbach im Kreis Siegen-Wittgenstein, Nordrhein-Westfalen, davon dreieinhalb Hektar Ackerland, der Rest Grünland. Die Ernte einfahren, die Portionsweiden einzäunen, den Stall ausmisten und die Rinder in Gruppen aufteilen: Das alles geschieht erst nach der Arbeit. Denn Jens Menn ist Vollzeit als Betriebshelfer beim Maschinenring im Einsatz. Erst nach dem Job widmet er sich dem eigenen Betrieb.  

 

„Der Plan war eigentlich mal anders“, erzählt der Forst- und Agrarbetriebswirt, der den elterlichen Hof 2017 übernommen hat. Der Vollerwerb wäre das Ziel gewesen, „aber in diesem Leben wird das wohl nichts mehr“, sagt der Biokreis-Landwirt. Nach der Übernahme des Betriebs baute er einen neuen Stall, stellte von Milchvieh auf Fleischrinder, von Konventionell auf Bio um, trat dem Verband bei und suchte nach einer geeigneten Fläche, um Hühner zu halten. Leider fand er diese in seiner von kleinen Parzellen geprägten Region nicht – und so blieb nur der Nebenerwerb.

Die ganze Familie hilft zusammen

Doch Jens Menn ist guter Dinge. Denn sowohl sein Job als auch seine Landwirtschaft machen ihm Spaß. Um 5 oder 6 Uhr morgens fährt er unter der Woche los auf den Betrieb, auf dem er gerade beschäftigt ist. Gegen 15 bis 16 Uhr kommt er wieder zurück, setzt sich erst einmal zum Essen hin und geht dann hinaus auf den eigenen Hof. Der Samstag ist immer ein wichtiger Tag für Familie Menn, denn da sind sie daheim und haben Zeit für den Betrieb. Oft wird an den Samstagen auch frisches Fleisch verkauft und den ganzen Vormittag über schneit die Kundschaft herein. Während der Woche helfen die Eltern auf dem Betrieb mit und seine Frau kümmert sich um die Direktvermarktung, verkauft und führt die Kasse im Selbstbedienungshofladen. „Die Direktvermarktung und die Kundenbetreuung nehmen mehr Zeit in Anspruch als wir dachten“, sagt Jens Menn. Und doch sieht er darin einen wichtigen Baustein seines Unternehmenskonzepts.

"Die Direktvermarktung und die Kundenbetreuung nehmen mehr Zeit in Anspruch als wir dachten."

Jens Menn

20 Rinder haben die Menns zwischen Januar und Juni selbst vermarktet. Das mache einen großen Teil des Gesamtumsatzes aus. „Wir verdienen damit einfach mehr als wenn wir unsere Tiere an einen Schlachthof verkaufen würden“, sagt er. Geschlachtet wird im Lohn. „Unsere Stärke liegt darin, dass wir vielseitig aufgestellt sind, eigenständig mechanisiert und alles selbst machen. Wir müssen keine Löhne zahlen und sind nicht abhängig von Preisschwankungen“, so Jens Menn. Subventionen hätte es seiner Meinung nach nie geben dürfen. „Jetzt kommen wir nicht mehr weg davon!“ Wenn Subventionen, dann sei nicht die Flächenbindung, sondern die Produktbindung sinnvoll. Nicht pro Hektar solle gefördert werden, sondern pro Kilo tierisch oder pflanzlich erzeugtes Produkt. Viele Nebenerwerbler*innen in seiner Region machen EU-Bio mit Mutterkuhhaltung mit wenig Tieren auf viel Fläche und nehmen die Prämien mit, solange ihre Maschinen noch funktionieren. „Auf diesen Flächen könnten auch Lebensmittel erzeugt werden“, gibt Jens Menn zu bedenken. 

 

 

Lebendige Landwirtschaft

„Je größer man ist, desto günstiger wird alles“, weiß der Landwirt, der als Betriebshelfer Einblick in viele Höfe und deren Wirtschaftsweise hat. Wenn man zum Beispiel einen Traktor für 500 Rinder nutze und nicht nur für 80, zahle sich das natürlich mehr aus. Auch wenn er als Bio-Bauer eher klein ist, ist Bio für ihn auch im großen Stil möglich. „Die Ziele von Bio sind Tierwohl und Artenschutz“, sagt er, „das kann jeder machen – egal ob er groß oder klein ist.“ Leistung im Bio-Bereich erbringe man nur, wenn es den Tieren gut gehe. „In den großen neuen Ställen geht es den Tieren oft besser als in den alten kleinen“, meint er. Das werde aber in den Medien anders dargestellt. Vielen Kund*innen gehe es ohnehin vor allem um die Frage, ob die Tiere auf der Weide stehen.

 

Entscheidend für die Landwirtschaft im Nebenerwerb sei der Faktor Zeit. In seinem Job sei er zwar relativ flexibel und könne sich mit den jeweiligen Betriebsleiter*innen der Höfe absprechen, aber abends hänge er trotzdem meist spät seine Arbeitskleidung an den Haken und komme zur Ruhe. Doch überlastet fühlt sich Jens Menn nicht. „Ich mache es gerne“, lautet der einfache Grund dafür. Alle zwei Wochen trifft er sich abends mit seinem Team von der Freiwilligen Feuerwehr, etwa genauso oft startet er abends zu einer Mountainbike-Tour mit ein paar Kumpels. Und seit elf Monaten schafft er es auch nicht ganz so zügig in den Stall oder auf die Weide, denn nach dem Essen spielt er lieber noch eine halbe Stunde mit seiner kleinen Tochter.

"Die Ziele von Bio sind Tierwohl und Artenschutz. Das kann jeder machen – egal ob er groß oder klein ist."

Jens Menn

Jens Menn will weitermachen mit seinem Familienbetrieb. Warum so viele kleine Höfe ihre Tore schließen? „Ich denke, dass viele nicht bereit sind, sich auf was Neues einzulassen.“ Es mache Sinn, beim Futtereinkauf Preise zu vergleichen, in die Direktvermarktung einzusteigen, sich seine Preise selbst zu machen. Jens Menn lernt viel aus seiner Arbeit auf anderen Höfen für den eigenen Betrieb dazu. Eine kleine Landwirtschaft stehe für eine lebendige Landwirtschaft. Auf seinem Hof sorgen etwa neben den Kühen noch zwei Pferde, fünf Hühner, ein Hund und eine Katze für Schwung. „Ich stehe mit Herzensblut hinter meiner Landwirtschaft und finde daher Wege, wie ich sie weiterführen kann.“

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