Wo einst Milch floss, fließt jetzt Öl

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Die Hiermeiers haben zwei Buben: Niklas und Kilian. Und da es für die beiden nie eine andere Option gab als Bauern zu werden, stellte sich für Familie Hiermeier die Frage: Wie können wir unseren Betrieb zukunftsfähig machen? Der damalige Milchvieh-Hof befand sich sehr beengt mitten im Ortskern, eine Ausweitung war unmöglich. „Und ich war schon immer offen für Neues“, schließt Markus. Deshalb stieß ein Fernsehbericht über den steirischen Ölkürbis im Herbst 2015 bei ihm auf offene Ohren. Das könnte bei uns auch funktionieren, dachte sich der Milchbauer aus Wellheim im oberbayerischen Landkreis Eichstätt. Und im Jahr darauf baute er die ersten zehn Hektar Kürbisse an. Dann folgten der Hanf, danach der Mohn, dann die Sonnenblumen, anschließend der Goldlein. Auf insgesamt 100 Hektar, davon 30 Hektar Grünland, wirtschaften die Hiermeiers und erzeugen außer den Ölsaaten noch Soja und Getreide.

Erst einmal tüfteln

Dass man die volle Wertschöpfung im Betrieb halten wolle, war dabei von Anfang an klar. In Österreich wurden gebrauchte Maschinen angekauft und bereits die ersten Kürbiskerne selbst geerntet und gepresst. Doch das Ölpressen ist ein Handwerk für sich, das wie jedes andere erlernt werden muss. „Ich musste erst einmal ganz schön tüfteln“, gibt Markus Hiermeier zu, „auf jede einzelne Saat muss man sich einspielen.“

"Der Geschmack variiert nach der Anzahl an Regen- und Sonnentagen. Das ist die Natur, und das darf man – wie beim Wein – auch im Öl schmecken."
markus hiermeier

Anfangs sei er beim Pressen ständig in Kontakt gewesen mit dem Vorbesitzer der Schneckenpresse. So gehe es zum Beispiel bei der Pressung der Sonnenkerne darum, die Bitterstoffe herauszufiltern, um das Öl milder und aromatischer zu machen. Beim Hanf, der samt Schale gepresst wird, müsse man dafür sorgen, dass die Ölmühle zwar vorgeheizt, aber dann die Temperatur richtig heruntergeregelt werde. „Wird es zu heiß, leidet der Geschmack“, erklärt Markus Hiermeier. Der erste Liter Hanföl gerate etwa immer bitterer als der Rest und gehe in die Pferdefütterung. 

Mehr Frische durch kleine Margen

In der Industrie laufe die Produktion komplett anders. Hier werden verschiedene Öle von unterschiedlichen Standorten zusammengemischt, um ein möglichst konstantes Ergebnis zu erhalten. „Doch der Boden aus unserer Region hat uns die Früchte gegeben. Der Geschmack variiert nach der Anzahl an Regen- und Sonnentagen. Das ist die Natur, und das darf man – wie beim Wein – auch im Öl schmecken.“ Er kenne die Saat vom Anbau bis zum Endprodukt. Laufe etwa im Anbau etwas nicht optimal, könne er nachbessern, beispielsweise durch exakteres Schälen der Sonnenblumenkerne.

 

 

Markus Hiermeier kontrolliert die Geräte für die Ölproduktion. Bild: Hiermeier

Gegenüber industriell hergestellten Ölen können seine Produkte vor allem mit Frische punkten. Er presse stets nur kleine Margen, dafür öfter. Denn wenn Luft an die Öle komme, verlieren sie an Eigengeschmack. Diesen Winter soll die eigene Verarbeitung sogar noch ausgebaut und optimiert werden. Das Kürbiskernöl, das bisher außer Haus hergestellt wird, will man künftig selbst erzeugen. Die Ölmühle wird um eine Spezialpresse erweitert. Lein und Kürbis sollen mit der Anschaffung einer Röstpfanne durch Einmaischen einen milderen Geschmack bekommen. 

Strom von PV-Anlage

Doch wer selbst produziert, hat Energiekosten – gerade jetzt in der handwerklichen Verarbeitung ein viel diskutiertes Thema. Strom wird für vor allem für das Betreiben der Schneckenpresse sowie für die Kühlcontainer benötigt, in denen gelagert und durch Schockfrosten Schädlingsbefall vorgebeugt wird. Die Röstpfanne läuft üblicherweise mit Gas, aber die Hiermeiers warten derzeit auf eine neue Variante mit Strom, von der bereits ein Prototyp existiert. Auf den Wirtschaftsgebäuden befindet sich eine PV-Anlage, mit der künftig die Maschinen weitgehend versorgt werden sollen.

 

Vermarket wird direkt über den Hofladen, Märkte und in Bäckereien. Zu den Ölen sind noch besondere Schmankerl wie schokolierte und mit Zimt und Zucker veredelte Kerne hinzugekommen. In Führungen können Interessierte Anbau und handwerkliche Verarbeitung kennen lernen, in Mohnkapseln hineinschauen, ins Gespräch kommen und dabei Mohnkuchen und Kürbisbrot kosten. „Viele staunen, wenn sie in ein blühendes Mohnfeld hineingehen. Hier summt es, und die Bienen brauchen wir wiederum für den Kürbis. Wir müssen umdenken und statt aus der Türkei zu importieren in der Region sinnvolle Kombinationen schaffen.“

 

Von Ronja Zöls-Biber

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